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Montag, 13. September 2010

Die süsse Giftpille

Die rote Eibenbeere ist süss und
ungiftig. Ihr Inhalt, der Samen, jedoch
kann töten.
Bei Eibenbeeren sind sich die Vögel uneinig: sollen sie oder sollen sie nicht reinhauen? Die Zweifel haben sie mit gutem Grund. Denn die Eibe steckt voller Gift. Die Rinde, die Nadeln und die Samen enthalten Taxin, ein stark wirksames Nervengift. Eingenommen kann es im Extremfall innert weniger Minuten zum Herzstillstand führen. Motor aus, Vogel tot. Die Meisen und die Amseln müssen das irgendwie spüren oder vielleicht haben sie schlechte Erfahrungen mit dem Verzehr der Samen gemacht und meiden ihn darum.
Gut, Finger weg von den Samen also – aber die Vögel kommen trotzdem immer wieder an den Baum zurück und fressen sich voll. Warum? Weil der Baum seine Samen in rotes, zuckersüsses Fruchtfleisch verpackt. Es ist der einzige ungiftige Teil an der ganzen Pflanze und seine leuchtende Farbe schreit die Amseln geradezu an: «Iss mich!»
Ein hinterhältiges Angebot auf den ersten Blick, doch die Natur meint es gut mit den Vögeln. Sie hat ihnen einen der schnellsten Verdauungsapparate im Tierreich geschenkt. Was vorne rein kommt, wird innert weniger Stunden hinten wieder ausgeschieden. In dieser Zeit werden die Magensäfte gerade mal mit dem Zucker der Beeren fertig, aber nicht mit den harten Eibensamen. Dieser Umstand rettet den Vögeln das Leben. Wenn sie ihn unversehrt an einem anderen Ort wieder ausscheissen, sind sie ihn samt seinem Gift los.
Weibliche Eiben produzieren jedes Jahr
Tausende von Samen.
Also können sich die Amseln den Wanst getrost voll schlagen? Fast. Denn einen Haken hat die Sache. Wenn der Samen verletzt wird – und das kann bei einem grossen Bankett schon mal passieren – dann setzt er sein Gift frei. Deswegen frisst die schlaue Amsel nur die Beere und spuckt den Samen wieder aus. So wird die Eibe zwar um ihren verdienten Ausflug in eine andere Gegend betrogen, doch wenigstens spielt der Vogel dabei kein Russisches Roulette.

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