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Sonntag, 21. Februar 2010

Jeder Garten ist eine Insel

Im Garten gibt es mehr Arten, als man
auf den ersten Blick sieht. Spuren im Schnee
sind verräterische Hinweise.
Die Spuren im Schnee haben Katze und Fuchs verraten. Dort wo im Sommer der Kräutergarten wächst, haben sie zusammen in den letzten paar Tagen zwei Dutzend Fährten hinterlassen. Ein richtiges Chaos an Pfoten- und Tatzenabdrücken. Sie illustrieren sehr deutlich dass es auf jedem Fleck Erde und in jeder Parzelle mehr Arten gibt, als man auf den ersten Blick sieht. Warum? Weil sich Tier- und Pflanzenarten immerzu bewegen.
Der Fuchs kommt vielleicht nur einmal pro Tag, um seine Runde im Kräutergarten zu drehen. Vielleicht ist das um 06.00 Uhr am Morgen oder um 23.00 Uhr in der Nacht. Doch der Biologe, der die Artenvielfalt in meinem Garten erfassen möchte, ist leider nur zwischen 15.00 und 16.00 Uhr anwesend. Der Fuchs taucht in seinem Bericht nicht auf. Das gleiche gilt für Pflanzen. Die Samen von Wiesenblumen können Jahre im Boden schlummern, ohne dass man die Pflanzen je zu Gesicht bekommen würde. Und plötzlich, wenn alle Umweltbedingungen perfekt sind, keimen sie und zeigen sich der Welt.

Fuchs und Katze brauchen kein
Treibgut, um in den Garten zu
gelangen. Eine Lücke in der
Hecke reicht.
Noch extremer ist das Beispiel der Waldföhre. In meinem Garten gibt es jetzt noch genau ein Exemplar. Wird es vom Blitz getroffen oder vom Gärtner gefällt, ist die Art im Mikrokosmos meines Gartens ausgestorben. Das heisst jedoch nicht, dass ich die Föhre deswegen unter Schutz stellen müsste. Denn ich kann mich darauf verlassen, dass vom nahen Wald irgendwann ein Samen herüberweht und in einigen Jahren zu einem neuen stattlichen Baum heranwächst.
Dass Arten in einem Gebiet plötzlich auftauchen und ebenso plötzlich wieder verschwinden, haben Forscher zuerst auf Inseln beobachtet. In den 60er Jahren haben die beiden Biologen Edward O. Wilson und Robert MacArthur daraus die «Theorie der Inselbiogeographie» formuliert.
Demnach gibt es auf jeder Insel eine ideale Anzahl von Arten. Einige von ihnen können lokal aussterben (wie meine Föhre) andere können neu hinzukommen (wie der Fuchs), etwa indem sie auf einem Stück Treibgut an den Strand geschwemmt werden. Langfristig stellt sich so ein Gleichgewicht zwischen Ankunft und Abreise ein.
Viele Biologen liessen sich von diesem Prinzip schon an der Nase herumführen. Die Riesen-Rappenantilope in Angola etwa ist eine sehr scheue Art. 1982 hat man sie zuletzt gesehen. Danach galt sie als ausgestorben. Doch Jahrzehnte später findet ein deutscher Forscher frischen Antilopen-Kot, der nach genetischen Analysen eindeutig von der Riesen-Rappenantilope stammte. Sie ist also immer noch unter uns – die Frage ist nur wo und wann.

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