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Sonntag, 13. Juni 2010

Keuschheits-Zapfen

Die männlichen Blüten der
Schwarzkiefer, eine beliebte
Föhrenart in Gärten.
Ich nagte bereits Jahre an diesem Problem. Heute – endlich – stieg ich auf eine Leiter und lüftete das Geheimnis des Föhrensex. Es ist nämlich so: Eine Föhre bringt jedes Jahr männliche Blüten hervor. Die sehen aus wie kleine, gelbbraune Würstchen, die zwischen den Nadeln wachsen. Wenn man sie schüttelt, setzen sie eine Wolke aus Blütenstaub frei. Das ist gewissermassen das Baumsperma.
Bevor wir jetzt zum weiblichen Teil übergehen, dort fängt das Problem an, schauen wir uns zuerst das Produkt des Föhrensex an. Wir kennen es alle. Es sind die kleinen Samen, die Ende Winter an einem winzigen Papierflügel befestigt wie Hubschrauber durch die Luft surren. Sie entspringen den Zapfen, von denen Hunderte an jedem Baum hangen. Diese ihrerseits sind kleine Festungen, die eine einzige Aufgabe haben: ihre wertvolle Fracht bis zur Aussaht zu schützen. Vollgepumpt mit fungizidem Harz kann ihnen kein Pilz etwas anhaben. Zudem ist ihr Holz so hart, dass sich nur die wenigsten Vögel an ihnen vergreifen.
Das Eigenartige daran ist, dass die jungen und grünen Zapfen zur Zeit des Pollenflugs schon sehr weit entwickelt sind. Sie sehen ziemlich fertig aus, so wie die ausgewachsenen Exemplare, und bei genauerer Untersuchung stellt man sich schnell die Frage, wie bloss der Pollen zu den Samen gelangen soll, während diese in einem wasserdichten Keuschheitsgürtel festsitzen. Die Antwort ist verblüffend einfach: gar nicht.
Und hier die weibliche Blüte. Sie
ist winzig und für Leute ohne
Leitern so gut wie unsichtbar.
Die Bestäubung findet nicht auf den Zapfen, sondern auf den Blüten statt. Diese sind etwa fingernagelgross und so gut versteckt, dass ich sie jahrelang nicht bemerkt habe. Sie sitzen ganz am Ende der Äste umzingelt von aufwärtsgerichteten Nadeln. Darum sind sie für Spaziergänger so gut wie nicht auszumachen. Nach der Bestäubung benötigen sie zwei Jahre, um zum ausgewachsenen Zapfen heranzureifen. Es gibt also auf jedem Baum zwei Generationen – eine sichtbare und eine unsichtbare.

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