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Sonntag, 30. September 2012

Antibakterieller Schaum

Wundersamer Schaum am
Stamm der Atlas-Zeder.
Eines der merkwürdigsten Schauspiele in unseren Gärten ist wohl das plötzliche Aufschäumen eines Baumstamms. Das passiert meistens nach längeren Regenfällen, wenn der Stamm so richtig trieft. Dabei kann es zur Schaumbildung kommen. Das hat nichts mit Umweltverschmutzung zu tun. Vielmehr ist es Ausdruck der Genialität der Pflanzen.
Der Schaum stammt von einer Stoffgruppe namens Saponine. Sie sind mit den Senfölen verwandt, die wir bei der Kapuzinerkresse kennengelernt haben, und es erstaunt darum nicht, dass auch die Saponine Kampfstoffe sind, mit denen sich Pflanzen gegen Pilze und Bakterien verteidigen.
Vor allem die Rinde enthält hohe Konzentrationen von ihnen. Das darum, weil sie eine Haupteintrittspforte für unerwünschte Mikroorganismen bildet. Die in der Borke eingelagerten Saponine halten das Innere des Baumes zuverlässig von diesen Schädlingen fern.
Saponine sind chemisch verwandt mit Seife und bilden darum in wässrigen Lösung Schaum. Bei starkem Regen können sie aus der Borke gelöst werden und so den ganzen Stamm mit Bläschen bedecken. Tatsächlich waren sie die erste Naturseife der Menschheit. Schon die Kelten verwendeten das weitverbreitete Seifenkraut als Waschmittel. Dazu schnitten sie ein Stück einer Wurzel ab und rieben die Textilien damit ein.
Der Regen löst Sapione aus der Borke.
Wenn das Gemisch über die unebene
Oberlfläche nach unten rinnt, bildet
sich Schaum.
In dieser Ähnlichkeit zur Seife liegt auch das Geheimnis ihrer Schlagkraft verborgen. Saponine greifen die Fettmoleküle der Zellmembran an. Man könnte sagen, sie waschen sie ab, wie ein Spülmittel das Fett von der Oberfläche einer Bratpfanne entfernt. Das ist für eine Zelle so, als würde uns jemand die Haut abziehen. Auf diese Weise zerstören sie Bakterien und Pilze.
Saponine sind meistens bitter. Doch es gibt eine berühmte Ausnahme: Lakritze. Ihr unverkennbarer Geschmack stammt vom Saponin Glycyrrhizin aus dem Süssholz. Es besitzt eine 50 Mal stärkere Süsskraft als Zucker. Für uns Menschen ist es übrigens nicht giftig, sondern gesund. Studien zeigten, dass Lakritze eine therapeutische Wirkung gegen Magengeschwüre hat.

Mittwoch, 26. September 2012

Wilde Tomate

Dicht an der Westwand wachsen «wilde» Tomaten prima.
Tomaten gedeihen nördlich der Alpen nur mit viel Gehätschel, Liebe und Fürsorge. Lässt man sie einmal im Regen stehen, bricht gleich eine ihrer vielen Pilzkrankheiten aus und die Ernte ist futsch. Darum habe ich es dieses Jahr schon gar nicht versucht.
Aber sie aus dem Garten zu sperren ist nicht so einfach, denn Tomaten haben auch eine äusserst sture Seite. An unserer westlichen Hauswand ist während der ganzen Saison eine dieser Unbeugsamen gewachsen. Sie kam vermutlich aus einem Samen, der im Komposthaufen auf den richtigen Augenblick wartete. Als wir die Erde neu verteilten, ist er gekeimt und hat sich mittlerweile zu einer stattlichen Pflanze entwickelt. Sie blüht und trägt sogar Früchte.
Ob die noch reif werden im Oktober?
Und das alles ohne eine Stützstange zu setzen, ohne zu giessen, ohne Triebe abzubrechen und ohne Regenschutz, abgesehen vom kurzen Vordach, welches den gröbsten Regen abhält. Dass ich ernten werde, bezweifle ich. Die Stängelfäule hat sich nun doch gemeldet und hält die trotzige Pflanze fest im Würgegriff. Wenn der Oktober allerdings sehr warm wird...

Mittwoch, 19. September 2012

Landebahn-Befeuerung

Bevor sich die violetten Blüten öffnen, zeigen die
grösseren Scheinblüten nach unten.
Flughäfen machen sich für die anfliegenden Jets durch eine Befeuerung sichtbar. Die Lichter zeigen dem Piloten bei Nacht und Nebel, wo die Piste ist. Bei den Pflanzen gibt es das auch. Dort heissen die Lichter «Blüten». Die grellen Farben zeigen Insekten, wo sich eine Landung lohnt.
Die Samthortensie hat das System der Befeuerung weiter ausgebaut. Da ihre Blüten etwas klein geraten sind, bringt sie zusätzlich einen Kranz weisser Scheinblüten hervor. Dank ihnen ist sie schon von weitem für Hummeln und Bienen sichtbar. Diese «Pflanzenscheinwerfer» sind so stark, dass die Hortensie sehr behutsam mit ihnen umgeht. Keinesfalls dürfen sie eingeschaltet werden, bevor die Blüten sich öffnen. Denn dann würden die Insekten keinen Nektar vorfinden und enttäuscht abschwirren und beim nächsten Mal womöglich auf einen Besuch verzichten.
Erst danach färben sie sich weiss und zeigen gen Himmel.
Die Hortensie verhindert das, indem sie die Scheinblüten erst einmal grün belässt. Auf diese Weise fallen sie nicht so auf. Zudem lässt sie ihre Scheinwerfer nach unten zeigen. Fazit: Die Landebahn ist stockdunkel. Erst zeitgleich mit der Blütenöffnung färben sie sich weiss und strecken sich nach oben. Und es geht noch weiter: Nach dem Abblühen färben sich die Scheinblüten wieder grün und beugen sich abermals nach unten. Der Flughafen ist geschlossen. Das Resultat dieser fein abgestimmten Choreographie ist, dass die Insekten genau wissen, wann sie zur Landung ansetzen müssen.
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